Die Blockflöte und der Nationalsozialist

Ja, ich mach ja mit beim Ironbloggen, lustigerweise in Bonn, obwohl ich aus Köln komme und äh sorry, äh Bonn eigentlich nicht so ganz doll mag, wofür aber niemand was kann. Ich würde ja sogar gerne da in den Süden ziehen, weil es so wunderschön ist an Rhein und Siebengebirge, mit Fels und Wasser, aber dort ist verbrannte Erde für das andere Teammitglied, sowas muss man einfach akzeptieren, dass die Welt manchmal einfach zu klein ist.

Nun, weil bei den Kölnern zwar ganz viel Wille zum Ironbloggen da ist, es aber noch nicht zum Start gekommen ist und ich aber loslegen will, habe ich mich nach langem Ringen den Bonnern angeschlossen, die mich aber sowas von freundlich in ihre offenen Arme genommen haben, dass ich meine Haltung zu dieser komischen kleinen Stadt doch noch einmal überdenken werde.

Immerhin arbeite ich in Bonn, verbringe also die Hälfte meiner Zeit dort (viele Stunden auch in den diese Stadt umgebenden Staus), also bin ich ja irgendwie doch fast auch Bonnerin.

Kaum gestartet, geht’s schon los mit Vernetzung und Inspiration:

Eine der Bonner Ironbloggerinnen hat mich in ihrem Blog „Curry & Culture“ auf ein kleines Instrument aufmerksam gemacht, das ich auch spiele, ich habe neben einer Sopran- auch eine Alt und eine Tenorblockflöte. Auch verschiedene chinesische Flötchen besitze ich, außerdem eine Schildflöte. Auch bekannt als Okarina, immerhin sieht das Teil ja aus wie eine flötbare Schildkröte.

Wobei mir gerade auffällt, dass der Name meines Blogs in diesem Kontext einer gewissen Komik nicht entbehrt. Ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass ich auch eine Blogflöte bespiele.

Schluss jetzt mit den Kalauern, ich wollte eine ganz andere Geschichte erzählen.

Im Camp Verdon, unserem Kletter- Canyoning- und Spaßcamp, saßen Arno und ich mal am Lagerfeuer und spielten irische Songs. Er an der Gitarre, ich mit der Tin Whistle, einer kleinen irischen Flöte. Zugehört hat – ich änder jetzt den Namen – Robert aus Sachsen, aus Hoyerswerda, der aus seiner nicht ganz gesellschaftskonformen Haltung keinen Hehl gemacht hatte („Ich bin kein Rechtsradikaler, ich bin Nationalsozialist!“) —aha.

Ein paar Tage vor dem Lagerfeuerabend gab es im Camp Stress zwischen ihm und ein paar anderen Gästen, da waren die Gesinnungsunterschiede doch kurz zum Vorschein gekommen. Nur mit Mühe konnten wir eine Prügelei verhindern. Nach einem klärenden Gespräch war alles ok und Robert von nun an ein netter Kerl.

Der Lagerfeuerabend war schön, mit allen Leuten, mit Robert, mit Arno an der Gitarre, mit mir an der Flöte und dem, was wir so tranken.

Im darauffolgenden Herbst, beim traditionellen Verdon-Nachtreffen, sah ich Nazi-Robert  – so nannten wir ihn unter uns – wieder. Er sprach mich an und erzählte mir, dass er jetzt Blockflöte spiele. Ach ja? Ja, weil er den Abend am Lagerfeuer so schön fand. Mein Spiel habe ihn so berührt, dass er dort, in den Felsen von Südfrankreich, beschlossen habe, Blockflöte zu lernen.

Ein Blockflöte spielender Nazi – wie geil war das denn?

Ich weiß nicht, was Robert jetzt macht. Ob er immer noch Flöte spielt. Ob er sein Ingenieursstudium zu Ende gebracht hat. Ob er seine Gesinnung vielleicht überarbeitet hat. Ob er immer noch Glatze trägt. Oder ob er immer noch mit Deutschlandfahne an Feld- Wald- und Wiesencamps teilnimmt.

Ich weiß nur, dass ich einen Nazi mit meinem Flötenspiel weichgemacht habe. Das war mein Beitrag zum Kampf gegen den Rechtsradikalismus.

Ein Gedanke zu „Die Blockflöte und der Nationalsozialist

  1. Wie geil! Das hatte ich schon wieder vergessen, aber so net wie Du es erzählst… kommen die Erinnerungen an Nazi-Robert wieder… Leider habe ich ihn nie spielen gehört, aber allein die Tatsache das er auf das Nachtreffen gekommen ist, machte mir Hoffnung auf einen Weg in die richtige Richtung. Flute On!

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